Frauen in Wissenschaft & Beruf 

KÄTHE AUGENSTEIN (1899-1981)

von Gabriele Zabel-Zottmann

Porträt- & Pressefotografin

"Mit der Leica in der Hand schaffe ich Erinnerungen für die Zeit, wenn dies verklungen."  
 

Dies war das Credo der in Bonn geborenen Fotografin Käthe Augenstein, die sich schon als Schülerin für Kunst und Literatur, insbesondere für die Fotografie begeisterte. 1927 entschloss sich Käthe zu einem Umzug nach Berlin. Dort absolvierte sie eine Ausbildung an der renommierten Photographischen Lehranstalt des Lette-Vereins. Entscheidend für sie war die Bekannt­schaft mit dem expressionistischen Maler Werner Scholz, der ihr Lebensgefährte wurde. Durch ihn kam sie in Kontakt mit der links-politischen Künstlerszene. Ab 1930 arbeitete Käthe bei der Dephot (Deutsche Photodienst GmbH), der seinerzeit innovativsten Bildagentur. 1945 kehrte sie nach Bonn zurück. Die Wahl Bonns zur Bundeshauptstadt gab ihr die Möglichkeit, sich als Porträtfotografin zu etablieren. 

Erinnerungsorte in Bonn:

  • Wohnhaus: Argelander Str. 95
  • Stadtarchiv: Stadthaus

HERMINE EDENHUIZEN (1872-1955)

von Isabel Busch

Erste deutsche offiziell anerkannte und niedergelassene Frauenärztin 

"In der Beständigkeit liegt das Geheimnis des Erfolgs.

(Widmung Helene Langes auf einem Foto für ihre Schülerin Hermine Edenhuizen) 
  

Nachdem Hermine Edenhuizen und ihre Freundin Frida Busch 1898 als Schülerinnen Helene Langes in Berlin das Abitur abgelegt hatten, stand ihrem angestrebten Medizinstudium der Widerwillen der Ärzte entgegen, die sich vehement gegen Frauen als Medizinstudentinnen aussprachen. So wurden die Frauen an den Universitäten nur als Gasthörerinnen geduldet und mussten dazu jeden einzelnen Dozenten persönlich um Erlaubnis bitten. Helene Lange ermutigte beide jungen Frauen, die in Berlin für einige Vorlesungen zugelassen wurden. Frida Busch ging allerdings bald nach Zürich, wo das Medizinstudium für Frauen bereits etabliert war. Hermine Edenhuizen sah sich in Berlin dagegen mit männlichen Kommilitonen konfrontiert, die „als Äußerung ihrer Mißbilligung regelmäßig mit den Füßen scharrten und dazu pfiffen“. Sie folgte schließlich Frida Busch nach Zürich.  1900 setzten die beiden Freundinnen in Frida Buschs Heimatstadt Bonn ihr Studium fort, wo sie 1903 promovierten. 

Erinnerungsorte in Bonn:

  • Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität: Regina-Pacis-Weg

EDITH ENNEN (1907-1999)

von Barbara Degen

Historikerin & Leiterin des Stadtarchivs

 "Es zeigt sich, dass die Frau im Mittelalter über Strecken hinweg eine Position besessen hat, die sie dann in der Neuzeit weitgehend verlor und dass es im ‚dunklen‘ Mittelalter eine weibliche Emanzipation gegeben hat, von der die Frauen späterer Jahrhunderte nur hätten träumen können.“ 

Es ist für die Generation alleinstehender Frauen in staatlichen Ämtern während der Lebenszeit von Edith Ennen auffällig, dass wir kaum Spuren über ihr Privatleben finden. Wie ihr eigener Alltag in der NS‐ und der unmittelbaren Nachkriegszeit für Edith Ennen aussah, ist deshalb schwer einzuschätzen. Sie selbst war kein Mit­glied der NSDAP gewesen. 

Wie ging es ihr in einer Stadt, die nationalsozialistisch geprägt war? Wie ging sie da­mit um, dass immer mehr Menschen, die sie an der Universität und im Alltag gekannt hatte, „verschwanden“, sei es, dass sie emigrierten oder plötzlich ihre Woh­nun­gen ver­loren, sei es, dass Gerüchte über ihr tödliches Schicksal an der Universität kur­sierten. 

Erinnerungsorte in Bonn:

  • Stadtarchiv: Stadthaus
  • Ausgelagertes Stadtarchiv: Koblenzerstr. 7
  • Wohnort: Riesstr. 2
  • Südfriedhof (Abt. 5): Servatiusstr. 13

MARIANNE KRÜLL (*1936)

von Barbara Degen & Marianne Krüll

Soziologin & Autorin

 "Wir wollten alles und haben viel erreicht.“ 

Wie in den 1960er Jahren üblich, wurde sie nach ihrem Studium nicht erwerbstätig, sondern blieb für die Kinder zu Hause. Allerdings war sie nicht nur Hausfrau und Mutter, sondern nutzte die Zeit um zu promovieren. 1974 gelang es ihr, ins Berufsleben zurückzukehren. Als Akademische Rätin am Seminar für Soziologie der Universität Bonn konnte sie wieder forschen, lehren und schreiben. „Es war wie eine Befreiung aus dem Gefängnis." Sie schrieb zahlreiche sehr erfolgreiche und in mehrere Sprachen übersetzte Bücher u.a. Freud und sein Vater (1979)  und Im Netz der Zauberer – eine andere Geschichte der Familie Mann (1991). 

Das Bewusstsein, ein Teil der Frauenbewegung ihrer Zeit zu sein, setzte bei ihr eine intensive und fruchtbare Kreativität nicht nur im Denken, sondern auch im aktiven Handeln in Gang. In ihrem Privatleben führte dies zu ihrer Ehescheidung und ihrer Hinwendung zur Frauenliebe, in ihrem akademischen Werdegang zu einer immer klareren Abgrenzung von traditionell männlichen Formen des Lehrens und Forschens. Die feministische Brille war sozusagen nunmehr auf ihrer Nase festgewachsen. 

Erinnerungsorte in Bonn:

  • Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität: Regina-Pacis-Weg

ANNETTE KUHN (1934-2019)

von Barbara Degen

Historikerin, Inhaberin des ersten Lehrstuhls für Frauengeschichte in Deutschland & Gründerin des Haus der FrauenGeschichte in Bonn

 "Die Wahrheit, die ich bei meiner Mutter spürte“ 

Als Professorin für Frauengeschichte an der Universität in Bonn stieß Annette Kuhn auf erheblichen Widerstand. Eine öffentliche Anerkennung der Frauengeschichte, auch noch von einer Fachdidaktikerin, die in ihren Augen keine "richtige" Historikerin war, wurde von den Historikern der Universität Bonn als Affront gegen ihre eigene Arbeit verstanden. Annette Kuhn sei an der Uni, zu der die pädagogische Fakultät seit 1980 gehörte, "überflüssig und unwissenschaftlich". Man wolle sie nicht und schon gar nicht ihre Frauengeschichte. Diesen Worten folgten unverzüglich Taten. Seit Mitte der 80er Jahre wurde versucht, die Frauengeschichte als Lehrgebiet zu eliminieren. Zuerst wurden mehrere Arbeiten von Studentinnen abgelehnt. Es folgte von 1992-1996 ein Ausschluss aus dem Prüfungsausschuss und damit der Entzug ihrer Prüfungsberechtigung. 

Erinnerungsorte in Bonn:

  • Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität: Regina-Pacis-Weg
  • Haus der FrauenGeschichte 2012-2022: Wolfstr. 41

MARIA VON LINDEN (1869-1936)

von  Ulrike Klens

Erste Professorin in Deutschland an der Bonner Universität

In Tübingen gab es im Jahre des Heils 1892 an Kultursensationen: einen Gepäckträger, eine Droschke und, nachdem ich nun glücklich in die Universitätsstadt eingezogen war, auch noch eine Studentin. Der guten Dinge waren also drei geworden, und ich darf wohl diese letzte Sensation ohne Überhebung als die fürnehmste bezeichnen, denn Gepäckträger und Droschken gab es damals in vielen größeren Städten des Schwa­ben­landes, aber Studentin war ich die erste und einzige im ganzen Königreich.“ 
 

Das „Maria-von-Linden-Trainingsprogramm“ wird an der Universität Bonn für (Nach­wuchs-)Wissenschaftlerinnen angeboten. Es ist nach der ersten Professorin Deutschlands benannt, die an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität von 1899 bis 1933 tätig war und 1910 den Titel Professorin erhielt. Über Maria von Linden heißt es dort: „Sie gehörte zu der Generation von Wissenschaft­lerinnen, die sich ihr Recht auf Bildung – trotz ihrer privilegierten Herkunft – noch hart erkämpfen mussten. Aufgrund ihrer herausragenden Begabung und Zielstrebigkeit, aber auch ihres außergewöhnlichen Auftretens, mit dem sie sich zeitlebens gegen konventionelle Rollenzuschreibungen und Geschlechterstereotype auflehnte, zählt sie zu den großen weiblichen Vorbildern und Pionierinnen in der Wissenschaft. Sie hatte Esprit und Humor, war durchsetzungsstark und schlagfertig und in vielem ihrer Zeit voraus“. 

Erinnerungsorte in Bonn:

  • Ehemalige Parasitologische Abteilung der Bonner Universität: Endenicher Allee 19
  • Wohnort von 1899-1933: Quantiusstr. 13
  • Maria-von-Linden-Weg

RITA MAIBURG (1952-1977)

von Gabriele Zabel-Zottmann

Erste Linienflugkapitänin der westlichen Welt 

Warum wurde Rita Maiburg „das fliegende Geheimnis" genannt?

Die in Bonn geborene Rita faszinierte schon als Kind alles, was sich am Himmel bewegt, und schon als Zehnjährige konfrontierte sie ihre Familie mit dem Ansinnen: „Ich will fliegen!“ 1972 war sie mit 21 Jahren ausgebildete Berufspilotin mit Lizenz auch für Linienflüge. Doch aus einer Anstellung bei einer renommierten Luftfahrt­gesell­schaft wurde trotz hervorragender Beurteilungen nichts. Die Lufthansa und deren Tochtergesellschaft Condor lehnte ihre Bewerbung ab, weil Flugkapitäninnen aus grundsätzlichen Erwägungen nicht zum Einsatz kämen. Im Dezember 1973 entschloss sich die bitter enttäuschte Rita, juristisch gegen die Lufthansa und die Bundesrepublik Deutschland als deren Haupt­anteils­eignerin vorzugehen.

Erinnerungsorte in Bonn:

  • Rita-Maiburg-Straße

MARIA PFAHL (1894-1983), ELFRIEDE KLEMMERT (1924-2022)

von Barbara Degen

Mutter (Dr.  jur.) & Tochter (Notarin): Pionierinnen für eine gerechtere Welt 

Maria Pfahl war eine der ersten Studentinnen, die an der Bonner Universität ordentlich und nicht nur als Gasthörerinnen Jura studieren konnten. Sie studierte in Freiburg und Bonn, wurde jedoch als Frau nicht zum ersten Staatsexamen zugelassen. Sie konnte aber promovieren und legte 1922 ihre Dissertation, eine rechtsvergleichende Arbeit zum Staatsangehörigkeitsrecht, vor. 

Elfriede Klemmert wollte Notarin werden, ein Berufswunsch, der leichter gefasst als umgesetzt werden konnte, denn sie hatte es mit einer erbitterten männlichen Konkurrenz zu tun. Mit Unterstützung und Ermutigung durch ihre Mutter setzte sie sich schließlich durch und wurde die erste Notarin im Rheinland mit eigenem Notariat. Später wurde sie Bundestagsabgeordnete der CDU, heiratete und wurde Mutter dreier Kinder. Als sie nach der Familienphase nach Bonn und in ein Notariat zurückkehren wollte, musste sie zum zweiten Mal erbittert kämpfen. Auch diesen Kampf gewann sie und kehrte in den 80er Jahren in ihren Wunschberuf zurück.

Erinnerungsorte in Bonn:

  • Amts- und Landgericht Bonn: Wilhelmstr. 21
  • Notariat: Hermannstr. 38
  • Kessenicher Bergfriedhof: Am Buchenhang

FRÜHE BONNER STUDENTINNEN: MARTHA MOERS (1877-1965), MATHILDE VAERTING (1884-19776) & ANNA SIEMSEN (1882-1951)

von Barbara Degen

Ist das Schicksal dieser drei Akademikerinnen typisch für die Zeit zwischen 1880 und 1970? 

Alle drei Frauen wurden in ihrem Leben in ihrem beruflichen Fortkommen erheblich gegenüber männlichen Kollegen benachteiligt. Alle drei waren nicht verheiratet. Alle drei interessierten sich für die Eigengeschichte der Frauen in Verbindung mit der Gesamtgeschichte. 

Der Einfluss der drei hier vorgestellten Frauen als Hochschul­professorinnen wurde nicht nur in der NS‐Zeit, sondern vor allem auch in den unmittelbaren Nachkriegsjahren nach 1945 zusammengestutzt. Da das weitgehend unabhängig von den politischen Positionen geschah, wird ein unangenehmes Bild von Kontinuität in der Nachkriegsdemokratie sichtbar: Frau sollte als Lernende und Lehrende möglichst wieder an ihren angeblich natürlichen Standort an „Heim und Herd“ zurückkehren und den heimkehrenden Männern, den „Familienernährern“, Platz machen und ihnen „den Rücken freihalten“. Wenn sie berufstätig waren, sollte ihnen allenfalls ein Platz in der zweiten Reihe zustehen. 

Erinnerungsorte in Bonn

  • Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität: Regina-Pacis-Weg
  • Haupt-Wohnort von Martha Moers: Godesberger Str. 25
  • Wohnort Anna Siemsens 1906-1908: Breitestr. 89 und Wenzelgasse 13

DER WÄSCHERINNENAUFSTAND IN BEUEL (1824)

von  Clara Wittköpper

Die Arbeitsbedingungen der Wäscherinnen waren bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts äußerst hart, da nur im fließenden Gewässer, also im Rhein, gewaschen wurde. Sie standen bei jedem Wetter oft bis zu den Knien im Wasser. Nach dem Einweichen wurde gewaschen, meist auf flachen Steinen. Danach musste die Wäsche gespült und ausgewrungen werden. All dies war Schwerstarbeit, denn nasse Wäschestücke wiegen schwer. Wir können davon ausgehen, dass sich die Wäscherinnen 1824 erstmals zu einer Gruppe formierten, die gegen die harten Arbeits­bedingungen aufstand. 

Es war üblich, dass die Männer der Wäscherfamilien auch am Karnevalsdonnerstag die saubere Wäsche ausfuhren, aber dann bei den Karnevalisten blieben und feierten. Damit ergab sich eine Unterbrechung der Arbeitsabläufe, sodass auch die Frauen einige Stunden Leerlauf hatten, denn schmutzige Wäsche kam erst verspätet herein. Ohnehin waren sie wütend auf ihre Männer, die das mühsam verdiente Geld im Karneval ausgaben. Sie nutzten diese Zeit zunächst heimlich, um auf einen Gersten­kaffee (Muckefuck) zusammen zu sitzen. Später hatten sich auch ihre Treffen etabliert. Es galt ein festes Reglement: Die Frauen hatten die Pflicht, über die groben Verstöße ihrer Männer gegen den Hausfrieden, gegen die eheliche Treue und über deren Alkoholexzesse zu berichten. 

Erinnerungsorte in Bonn:

  • Rheinufer Beuel
  • Heimatmuseum Beuel: Wagnergasse 2-4

RACHEL ZUNTZ (1787-1874)

von Sybille Düning-Sommer

Geschäftsfrau & Unternehmerin

1813 heiratet Rachel ihren Vetter Amschel Zuntz in Frankfurt. Hier kommt Sohn Leopold zur Welt. Sie lebt dort mit ihrem Mann bis zu seinem baldigen Tod 1814, führt danach die Geschäfte weiter und muss sich um Schulden und Kredite kümmern.
1817 zieht Rachel mit dem Sohn zurück nach Bonn in den Haushalt und das Geschäft ihrer Eltern. Sie wird als „kluge und leidenschaftliche Frau“ geschildert, die als „fanatisch fromme Jüdin“ gilt, an den Lehren und Gebräuchen ihres Volkes und ihrer Religion starr festhält und ihren Sohn traditionell jüdisch erzieht. 

 Nach dem Tod des Vaters übernimmt Rachel das Geschäft und gründet mit ihrem Sohn 1837 die später sehr erfolgreiche Firma "A. Zuntz sel. Wwe.": Spezereiengeschäft mit Kaffeerösterei. 

Erinnerungsorte in Bonn:

  • Firmengebäude: Königstr. 78
  • Jüdischer Friedhof: Schwarzrheindorf